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„Von Diabetes sind alle Schichten betroffen“

Bocholter Report: „Wie ist es zur Gründung der Diabolinos – Förderverein für Kinder und Jugendliche mit Diabetes e.V. gekommen?“

 

Harald Harmeling: „Zur Gründung der Diabolinos kam es vor etwa einem Jahr. Nach der Auflösung der Selbsthilfegruppe des Deutschen Diabetikerbundes im St.-Agnes-Hospital stand die Idee im Raum, einen Förderverein für an Diabetes erkrankte Kinder ins Leben zu rufen. Die Möglichkeiten, diese Idee in die Tat umzusetzten, waren groß. Die Frage war nur, wer’s macht. Da ich mich seit mehreren Jahren mit dem Bereich der Versorgung von an Diabetes erkrankten Kindern mit den Hilfsmaterialien beschäftige, habe ich mich dann dazu bereit erklärt, den Gedanken voran zu treiben. Als wir die nötigen Informationen zusammengetragen hatten, haben wir uns überlegt, ob wir die Gründung des Vereins bewerkstelligen können. Nachdem wir uns zur Gründung entschlossen hatten, musste noch ein Name gefunden werden. Wie wir heute wissen, haben wir uns für Diabolinos entschieden.“

 

Bocholter Report: „Wenn Sie auf das vergangene Jahr der Diabolinos zurückblicken, wie sieht da Ihr Fazit aus?“

 

Heike Tenbensel: „Wir haben jetzt über ein halbes Jahr Diabolinos-Geschichte schreiben können und bis jetzt ist alles äußerst positiv verlaufen. Wir haben im letzten Sommer schon mit großem Erfolg ein Sommerfest veranstaltet, bei dem wir zum Schlangenzoo nach Moers gefahren sind, danach fand noch eine kleine Feier statt. Es war selbstverständlich immer ein Arzt anwesend. Die Kinder hatten viel Spaß und haben sich großartig amüsiert.“

 

Bocholter Report: „Worum kümmern sich die Diabolinos?“

 

Harald Harmeling: „Wir kümmern uns zum einen um die Personen, die im Verein sind – das ist ja überhaupt der Grund gewesen, den Förderverein zu gründen – und zum anderen wollen wir auch die Bevölkerung informieren und auf die Krankheit hinweisen. Das wichtigste ist aber, dass wir Informationen, die wir uns beschafft haben, an unerfahrene Eltern weitergeben. Dann, nach zwei, drei oder vier Jahren, wissen die Eltern fast besser mit ihrem Kind umzugehen als der behandelnde Arzt.“

 

Bocholter Report: „Es wird viel über Diabetes geredet. Was ist Diabetes eigentlich genau?“

 

Harald Harmeling: „Diabetes ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der die Zuckerverwaltung des Organismus gestört ist. Dadurch, dass der Körper kein Insulin mehr produziert, kommt es zur chronischen Erhöhung des Blutzuckerspiegels. Ein zu hoher Gehalt an Zucker im Blut (Hyperglykämie) ist das auffälligste Zeichen dieser Stoffwechselstörung. Es handelt sich beim Diabetes um eine chronische, also nach ihrem Auftreten lebenslange Erkrankung.“

 

Bocholter Report: „Bei wem tritt Diabetes auf?“

 

Heike Tenbensel: „Grundsätzlich kann sich niemand davon freisprechen. Ich kann morgen davon betroffen sein oder der Nachbar übermorgen. Vom Diabetes sind alle Gesellschaftsschichten betroffen. Zum Teil ist Diabetes genetisch veranlagt. Das heißt aber nicht, dass der Sohn Diabetes hat, nur weil der Vater davon betroffen ist. Es kommt vor, dass eine Generation übersprungen wird.“

 

Bocholter Report: „Gibt es bestimmte Zeichen, die auf einen Diabetes hinweisen?“

 

Harald Harmeling: „Übermäßiges Trinken, Müdigkeit, Lustlosigkeit sind nur einige Indikatoren. Hinzu kommt, dass die Kinder häufig schlaff und träge sind und dauernd zur Toilette gehen. Der Körper trocknet quasi von innen aus und die Haut wird regelrecht lederig. Das schlimme ist, dass Diabetes häufig als Infektion oder grippaler Infekt abgestempelt wird.“

 

Bocholter Report: „In wie weit ist das Leben der Betroffenen eingeschränkt?“

 

Heike Tenbensel: „Die betroffenen Kinder werden, glaube ich zumindest, schneller Erwachsen, denn sie müssen ihren Körper schneller kennen lernen. Zudem können sie nicht alles so machen, wie es andere Kinder tun. Die Kinder können z.B. nicht ohne Bedenken auf eine Klassenfahrt gehen, denn sie müssen an tausend Dinge denken. Die Betroffenen können die Klassenfahrt bzw. den Ausflug dann nicht genießen. In dieser Hinsicht sind sie zumindest beeinträchtigt.

Bei der Ernährung sind die Kinder sogar stark eingeschränkt. Aber nicht in der Hinsicht, dass sie nicht essen können, was sie wollen, sondern es ist ganz wichtig, regelmäßig zu essen. Vor allen Dingen sollten die Diabetiker maßvoll essen.

Im Bereich Sport sind die Kinder dann wiederum nicht eingeschränkt. Ganz im Gegenteil, es ist sogar wichtig und gut – egal in welcher Form.“

 

Bocholter Report: „Wie hat die Diagnose der Zuckererkrankung bei Ihren Kindern Ihr Leben verändert?“

 

Heike Tenbensel: „Anfänglich ist erst einmal eine Welt für uns zusammengebrochen. Das Kind bekommt die ganze Sache ja gar nicht so richtig mit. Es fühlt sich je nachdem mal gut oder nicht so gut, aber für die Eltern ist es ein kleiner Schock.“

 

Bocholter Report: „Wie viele Familien haben sich den Diabolinos seit der Gründung vor etwa einem Jahr angeschlossen?“

 

Harald Harmeling: „Insgesamt haben sich 24 Familien unserem Förderverein angeschlossen.“

 

Bocholter Report: „Hat sich für die Kinder und Jugendlichen durch die Gesundheitsreform etwas geändert?“

 

Harald Harmeling: „Auch nach der Gesundheitsreform sind die Kinder finanziell abgesichert. Das heißt, dass sie immer noch ihre Teststreifen und alles andere natürlich auch bekommen – zumindest bis zum Alter von 18 Jahren. Danach zahlen sie für die benötigten Hilfsmittel – wie Spritzen und anderes Zubehör – einen 10-prozentigen Anteil. Bei den Erwachsenen sieht die ganze Sache noch anders aus, aber das ist ja nicht das Thema. Für die Kinder ist aber definitiv gesorgt. Vor allen Dingen ist Dr. Dierkamp vom St.-Agnes-Hospital ein Glücksfall für Bocholt.“

 

Bocholter Report: „Was hat sich der Förderverein für dieses Jahr noch alles vorgenommen?“

 

Heike Tenbensel: „Für dieses Jahr haben wir uns vorgenommen, regelmäßige Treffen im St.-Agnes-Hospital in Bocholt abzuhalten. Dann wollen wir Informationsabende veranstalten und Schulungsmöglichkeiten anbieten. Beim nächsten Treffen wird eine Diabetesberaterin anwesend sein, die zum Thema Pumpen Rede und Antwort steht. Das wichtigste bei der Planung der Treffen ist aber, dass auch die Ideen und Wünsche der Eltern berücksichtigt werden.“

 

Bocholter Report: „Bei wem kann man sich melden, um mehr über die Diabolinos zu erfahren?“

 

Heike Tenbensel: „Im Grunde gibt es vier Ansprechpartner: Das sind Diana Wenning (Tel. 02852-711236), Ralf Essing (Tel. 02871-8607), Harald Harmeling (Tel. 02872-981424) und ich selber (Tel. 02871-40858). Wer irgendwelche Fragen zum Thema Diabetes bei Kindern und Jugendlichen hat oder mehr über den Verein erfahren möchte, kann sich an eine der genannten Personen wenden. Jeder ist jederzeit willkommen.“

 

BU

Heike Tenbensel und Harald Harmeling sind Vorstandsmitglieder der Diabolinos – Förderverein für Kinder und Jugendliche mit Diabetes e.V.. Heike Tenbensel ist 36 Jahre und hat zwei Kinder, die Diabetes haben. Harald Harmeling ist der 1. Vorsitzende des Vereins und arbeitet bei einer Rheder Firma, die Hilfsmittel für Diabetiker vertreibt.